Diakonie Hessen fordert flächendeckende Bereitstellung
Diakonie Hessen. Seit Samstag, den 23. Januar, gelten in Hessen verschärfte Lockdown-Regeln. Sie beinhalten auch die Pflicht in Bus und Bahn sowie in Geschäften medizinische Masken, sogenannte OP-Masken oder FFP2- bzw. KN95/N95-Masken, zu tragen.
„Für die Eindämmung der Pandemie ist die neue Masken-Regelung eine wichtige Maßnahme“, sagt Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen. „Mit einem einmaligen Kaufen und Reinigen der Masken wie bei den Alltagsmasken ist es nun nicht mehr getan. Die Menschen müssen immer wieder neue Masken anschaffen. Für Menschen in Armut oder prekären Lebensverhältnissen sind diese zusätzlichen Ausgaben kaum zu stemmen.“ Einer erwachsenen Person im SGBII-Bezug stehen beispielsweise nur etwa 17 Euro monatlich für die gesamten Ausgaben zur Gesundheitspflege zur Verfügung. Ausgaben für Masken oder Desinfektionsmittel sind darin nicht vorgesehen.
Bund, Länder und Kommunen in der Pflicht
Die Ankündigung des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) eine Million OP-Masken an bedürftige Menschen zu verteilen, darunter 500 000 über die hessischen Tafeln, begrüßt die Diakonie Hessen. Allerdings sieht sie dringenden weiteren Handlungsbedarf. Carsten Tag: „Wir fordern das Land auf, von Armut betroffene Menschen nicht nur mit OP-Masken zu versorgen, sondern es auch diesen Menschen zu ermöglichen, sich effizient selbst schützen zu können. Dafür müssen auch sie über FFP2-Masken verfügen können.“ Zudem solle für die gesamte Dauer der Krise der Regelsatz von Transferleistungen unbürokratisch erhöht werden. Carsten Tag: „Der Bund ist in der Pflicht und muss endlich anerkennen, dass die Menschen durch Corona einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung ausgesetzt sind.“ Eine zentrale Forderung der Diakonie und anderer Wohlfahrtsverbände ist deshalb, den Regelsatz während der Corona-Pandemie um 100 Euro pro Person und Monat zu erhöhen. „Solange dies aber nicht gegeben ist, braucht es vielfältige Lösungen für die kurzfristige Zurverfügungstellung der Masken“, so Carsten Tag weiter.
Vielfältige Verteilungswege planen
„Lediglich zehn Prozent aller Unterstützungsbedürftigen, sind Kund*innen der Tafeln“, ergänzt Dr. Melanie Hartmann, Referentin für Armutspolitik und Bahnhofsmission bei der Diakonie Hessen. „Wollen wir auch die vielen anderen Menschen in sozialen Notlagen erreichen, sollten weitere soziale Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen, Unterkünfte für Geflüchtete oder Tagesaufenthalte für Wohnungslose ebenfalls systematisch mit kostenfreien FFP2-Masken ausgestattet werden.“ Außerdem regt Melanie Hartmann an, sich an dem Nachbarland Bayern zu orientieren und FFP2-Masken an Personen im Transferleistungsbezug per Post zur Verfügung zu stellen. „Solange direkte Geldüberweisungen oder eine Erhöhung der Regelsätze nicht umgesetzt worden sind, könnte dies behelfsweise eine weitere Maßnahme sein, um möglichst viele von Armut betroffene Menschen in Hessen zu erreichen. Es muss schließlich sichergestellt werden, dass diese Menschen durch die Pandemie und die Corona-Regelungen nicht zusätzlich benachteiligt werden“.
Die Forderungen der Diakonie Hessen auf einen Blick:
- Der Bundesgesetzgeber muss endlich den andauernden medizinischen und sonstigen Mehrbedarf in der Corona-Krise anerkennen und für Bezieher*innen von Transferleistungen im Rahmen des SGB II und XII sowie des AsylbLG einen pauschalen Zuschlag von 100 Euro pro Person und Monat für die gesamte Dauer der Krise gewähren.
- Das Land Hessen muss in Zusammenarbeit mit den Kommunen auch allen anderen relevanten Einrichtungen für Menschen in sozialen Notlagen wie Bahnhofsmissionen, Einrichtungen der Drogen- und Wohnungslosenhilfe, Tagesaufenthaltsstätten und Teestuben, Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete, Gemeindezentren, Beratungsstellen usw. Masken mit hoher Schutzwirkung in ausreichender Anzahl zur weiteren Verteilung zur Verfügung zu stellen.
- Außerdem ist in Abstimmung mit den Kommunen bis zur Umsetzung einer bundesweiten Lösung eine zügige postalische Versendung von FFP2-Masken an alle Personen im Leistungsbezug (SGBII, XII und AsylbLG) zu planen. Dies wird beispielsweise in bayerischen Kommunen in Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz bereits umgesetzt. Die direkte postalische Versendung von FFP2-Masken hat auch den Vorteil, dass von Armut betroffene Menschen nicht als Bittsteller*innen agieren und sich zudem nicht der Gefährdung weiterer Infektionen durch ein Anstellen an Ausgabestellen o.ä. aussetzen müssten.
Quelle: Diakonie Hessen, Januar 2021
Bild von Andreas Lischka auf Pixabay