Interview mit Nadine Deutschbein
Regionale Diakonie Bergstraße, RIMBACH. Nadine Deutschbein arbeitet seit 10 Jahren als staatlich anerkannte Erzieherin in Kindertagesstätten. 2023 wechselte sie zur Regionalen Diakonie Bergstraße, um im Team der ‚Alltagsassistenz für Familien‘ (Betreutes Wohnen für Familien) mitzuarbeiten. Eine gute Entscheidung, wie sie findet. Deshalb beantwortet sie auch gerne die vielen Fragen, die andere Erzieherinnen und Erzieher zu ihrer neuen Arbeit stellen.
Von: Käthe Müller
Hallo Nadine, du arbeitest jetzt seit einem Jahr bei der Regionalen Diakonie in Rimbach. Vorher warst du in KiTas für die Ü3-Gruppen zuständig. Was hat dich zu diesem Wechsel bewogen?
In meiner mittlerweile 10-jährigen Berufserfahrung habe ich viele Kinder im Alter von 1-6 Jahren begleitet und ihrem Entwicklungsstand entsprechend gefördert. In dieser Zeit gab es immer wieder Momente, in denen mir klar wurde, dass einige Kinder und auch deren Eltern eine andere Form der Unterstützung benötigen, als nur den täglichen Betreuungsplatz in der Kita. Die externen Förderangebote, Therapien etc. empfand ich als nicht optimal. Auch deshalb, weil ich als Erzieherin nicht einbezogen wurde. So konnte ich die therapeutischen Maßnahmen nicht unterstützen. Das war ausschließlich den Sozialpädagogen vorbehalten.
Ist das in der Diakonie anders?
Die Arbeit in der Diakonie, insbesondere in der Alltagsassistenz für Familien fordert mich täglich im positiven Sinne heraus. Wir sind ein multiprofessionelles Team, das im Tandem arbeitet. Durch diese enge Zusammenarbeit und die flachen Hierarchien kann ich von allen gut lernen. So entwickle ich mein Wissen in der Sozialen Arbeit ständig weiter. Ich fühle mich als gleichwertiges Teammitglied. Meine Einschätzungen in den verschiedenen Fällen werden gehört und ernst genommen.
Was hast du durch deine Arbeit gelernt?
Ich habe gemerkt, dass meine Arbeit den Familien und vor allem den Kindern zugute kommt. Im Kindergarten sind es oft “Luxusprobleme” wie “Ich finde meine Hausschuhe nicht! Oder Fragen der Eltern: „Hat mein Kind gesund gegessen? Hat mein Kind genug Spielkameraden?“ Das ist nicht abwertend gemeint. Aber bei den Familien, die Hilfe bekommen, stehen ganz andere Fragen im Vordergrund. Da geht es darum, die Not an der Wurzel zu packen. In meiner täglichen Arbeit geht es um Themen, bei denen die Befriedigung der Grundbedürfnisse im Vordergrund steht. Dabei begleite und unterstütze ich die Familien. Dazu gehört zum Beispiel, dass ich mit den Familien erarbeite, wie sie ihren Alltag trotz der psychischen Erkrankung strukturieren und gestalten können. Was brauchen sie, damit das Kind überhaupt soziale Kontakte knüpfen kann. Wie kann ich mein Kind gut ernähren? Da viele Familien auch existenzielle Probleme haben oder ihnen die Antragstellung schwerfallen, kann ich sie auch dabei unterstützen ergänzende Hilfen zu finden und zu beantragen.
Durch die wöchentliche Reflexion im Team und Supervision kann ich mich auch an schwierige Themen herantrauen.
Im Gespräch mit befreundeten Erzieher:innen erzählst du gerne von deiner neuen Arbeit. Man merkt, dass echtes Interesse an deiner Arbeit besteht und dir viele Fragen gestellt werden. Möchtest du die häufigsten Fragen einmal aufzählen und beantworten?
Ja. Gerne. Typische Fragen sind:
„Hast du viel Kontakt mit dem Jugendamt?“
Ich stehe in regelmäßigem Austausch mit dem Jugendamt. In Hilfeplangesprächen werden Ziele festgelegt und umgesetzt. Auch hier kann ich bei der Antragstellung unterstützend tätig werden.
„Gehst du mit zu Entwicklungsgesprächen?“
Ja. Ich gehe mit zu Entwicklungsgesprächen in Schulen und Kindergärten. Aber auch zu Therapien wie Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie begleite ich die Familien. Außerdem gehe ich mit, wenn Termine in der Kinder- und Jugendambulanz der Vitos Klinik anstehen.
„Wie alt sind die Kinder, mit denen du arbeitest?“
Momentan betreue ich Kinder im Alter von 2 bis 14 Jahren, das kann aber auch variieren. In der Regel sind wir für Kinder/Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr zuständig, in Einzelfällen übergangsweise auch länger.
„Gehst du zu den Familien nach Hause?
Das Konzept der ambulanten Wohnassistenz sieht vor, die Familien in ihrem Alltag und damit auch in ihrem häuslichen Umfeld zu begleiten. Daher besuche ich die Familien in der Regel zu Hause.
„Wie sind die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten bei der Diakonie?“
Interne Fortbildungen gibt es viele. Ich erlebe die Diakonie aber auch als sehr offen für externe Weiterbildungen.
„Wie gehst du mit schwierigen Situationen um?“
Durch die oben genannten Möglichkeiten kann ich mit schwierigen Situationen gut umgehen. Im Team können Probleme jederzeit auch außerhalb der Dienstbesprechung angesprochen werden. Gemeinsam wird nach Lösungen gesucht oder auch ganz praktische Hilfe angeboten.
Ich kann mir vorstellen, dass durch diese Gesprächen die Neugier und vielleicht auch der Wunsch nach einer neuen Herausforderung geweckt wird.
Worüber freust du dich im Moment am meisten?
Im Moment freue ich mich am meisten darüber, dass ich nach einem guten Jahr in der Diakonie die Fortschritte in den einzelnen Familien sehen kann. Auch die Dankbarkeit der Familien ist deutlich spürbar. Dies hilft mir zusätzlich, wenn es doch auch mal Rückschritte bzw. krisenhafte Zeiten in den Familien gibt. Denn ‚Ohne Regen kein Regenbogen‘ ;-).
Vielen Dank und weiterhin viel Freude bei deiner Arbeit.
Quelle: Regionale Diakonie Bergstraße (KM), 22.04.2024
Foto: Regionale Diakonie Bergstraße